60-jähriges Organistenjubiläum - ein Rückblick
Eindrücke vom Jubiläum und Abschied am 15. Juni 2025
Laudatio für Wilko Schierhorn im Festgottesdienst am 15. Juni 2025 - gehalten von Pastorin Claudia Heynen
Lieber Wilko und liebe Heidelore, liebe Weggefährtinnen und Weggefährten, liebe Festgemeinde!
Als Jugendlichem empfahl Dir, Wilko, Dein Vater: Lass die Finger davon! Gemeint war allerdings nicht das Orgelspiel selber, sondern nur das Berufsziel hauptamtlicher Organist. Denn dafür wären Deine Finger zu kurz gewesen. Für Dich bedeutete dieser Rat, Deinen Berufswunsch aufzugeben. Für die Gemeinden, in denen Wilko Schierhorn später als Organist im Nebenamt tätig war, war dies jedoch ein Segen. Denn er hatte die Orgelmusik – im wahrsten Sinne des Wortes – schon mit der Muttermilch aufgesogen: Sein Vater Wilko war hauptamtlicher Kirchenmusiker in Borby und seine Mutter Erna Organistin im Nebenamt. Nachdem sein Vater 1940 zur Wehrmacht eingezogen worden war, übernahm seine Mutter dessen Orgeldienste ganz. Diese waren ab 1945 mit dem Zustrom von Flüchtlingen nach Schleswig-Holstein besonders not-wendig. Manchmal begleitete Erna Schierhorn zwei Trauerfeiern am Tag, ihr kleiner Sohn Wilko fast immer dabei. Im Spaß Du sagtest Du, lieber Wilko, deshalb seist Du kirchengeschädigt. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Wilko Schierhorn war und blieb nicht nur orgel- und musikfasziniert, sondern auch kirchenverliebt.
Denn sobald er aufgrund seiner körperlichen Entwicklung dazu in der Lage war, machte er selbst Musik in der Kirche. So begann er mit 9 Jahren im Posaunenchor Trompete zu spielen. Und sobald seine Beine lang genug waren, zog es ihn auf die Orgelbank. An das Orgelspiel herangeführt wurde er von seinem Vater: Doch schon bald bekam er Unterricht von dem Organisten an St. Nicolai Eckernförde Immo Wesnigk. Dort übernahm er ab dem Alter von 15 Jahren auch die ersten Orgelvertretungen. Von daher begehen wir heute fast das 70-jährige Organisten-Jubiläum Wilko Schierhorns.
Doch für ihn gab es immer auch ein zweites musikalisches Standbein: die Trompete. Seit er mit 15/16 Jahren das erste Mal Louis Armstrong gehört hatte, war er fasziniert von Jazz-Musik- und begann schon bald in ersten Jazz-Bands zu spielen. Als seinem Vater die außerkirchlichen musikalischen Vorlieben und Aktivitäten seines Sohnes zu Ohren kamen, gab es zu Hause erstmal ein Donnerwetter. Jazz sei schließlich keine Musik. Das hat Dich, lieber Wilko, zum Glück nicht davon abgehalten, weiter fröhlich Jazz-Musik zu machen, am liebsten mit der Hoch-B-Trompete. Auch für die Kirchengemeinden, in denen Wilko Schierhorn, später tätig war, war dies ein Segen. Denn auch seine Trompete kam in Gottesdiensten zum Einsatz, und durch die Jazz-Musik fand er leicht einen Zugang zur kirchlichen Popularmusik.
Seine Kindheit und Jugend als Sohn des Kirchenmusikers in Borby stellte noch auf andere Weise die Weichen für seinen weiteren Lebensweg: So lernte er dort schon als Jugendlicher Klaus-Peter Barg kennen - damals Kindergottesdiensthelfer in Borby, später 35 Jahre lang Pastor der Kirchengemeinde St. Jürgen. Zum anderen bist Du, lieber Wilko, dort auch das erste Mal einem Mädchen mit Namen Heidelore begegnet, das bei deinem Vater im Kinderchor sang und das später Deine treue und liebe Ehefrau wurde.
Nach dem Abitur in Kiel begann Wilko Schierhorn, Musik, Wirtschaft und Politik sowie Geschichte auf Lehramt zu studieren. Doch das, was einmal sein Hauptberuf werden sollte, blieb sein Leben lang seine Berufung. Und so übernahm er während seines Studiums weiter Orgelvertretungen. Die erste feste Stelle als Organist im Nebenamt erhielt Wilko Schierhorn im Jahr 1965 in Barkelsby. Als die dortige Kirche Pfingsten 1965 eingeweiht wurde, begleitete er bereits den Festgottesdienst zur Eröffnung auf der Orgel.
Im Jahr 1973 führte ihn sein Weg als Organist nach Sehestedt. Dort übernahm er auch die Leitung des Posaunenchores. Seine nächste Station war von 1979 bis 1989 die Kirchengemeinde Büdelsdorf. Zu dem Amt dort gehörten auch Orgeldienste bei Beerdigungen, die sich gut mit seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Lehrer der örtlichen Realschule verbinden ließen. Oft ging es direkt nach der Schule auf die Orgelbank, wo ihm kurz vorher ein Zettel mit den Liedern in die Hand gedrückt wurde. In Büdelsdorf gründete Wilko Schierhorn auch einen Kirchenchor.
Doch mit der Orgel in der Auferstehungskirche war er nicht so richtig glücklich. Als sich herausstellte, dass in absehbarer Zeit keine vernünftige Orgel angeschafft werden sollte, kam für ihn das Angebot von Pastor Klaus Barg, die Organistenstelle in St. Jürgen zu übernehmen, wie gerufen. In Wilkos Worten: Schuld an St. Jürgen ist Klaus-Peter Barg. Was Du, lieber Wilko, im Spaß Schuld genannt hast, ist für die Kirchengemeinde St. Jürgen und später die Kirchengemeinde Rendsburg ein Segen gewesen.
Denn über 35 Jahre lang hat Wilko Schierhorn mit großer Treue und Zuverlässigkeit seinen Organistendienst in dieser Kirche versehen. Bei jedem Gottesdienst und jeder Amtshandlung saß er pünktlich und gut vorbereitet auf der Orgelbank. Keine und keiner der hier Predigenden kann sich daran erinnern, dass Wilko mal einen Gottesdienst verschwitzt hätte oder zu spät gekommen wäre. In der Zusammenarbeit mit ihm hat Freude bereitet, dass er seinen Dienst immer mit Lust und Liebe ausgeübt hat. Selbst im 3. oder 4. Gottesdienst am Heiligen Abend, saß er motiviert und munter auf der Orgelbank und ließ fröhlich weihnachtliche Musik erklingen.
Ein Segen war auch, dass Wilko Schierhorn immer offen war für die gemeinsame Gestaltung von Gottesdiensten mit anderen Musikschaffenden, sowohl Laien als auch Profis. Das gemeinsame Musizieren machte allen Freude, da Wilko Schierhorn immer entspannt blieb und frohgemut bei der Sache war. Ganz regelmäßig gab und gibt es in St. Jürgen gemeinsame Gottesdienste mit dem Rendsburger Posaunenchor, der viele Jahre lang von Pastor Bodo Oberjat geleitet wurde. Die Highlights dieses Zusammenwirkens waren – alle Jahre wieder – die Weihnachtsmusiken am 4. Advent.
Besondere Freude bereitet hat Wilko Schierhorn die Zusammenarbeit mit jungen Musikern. Tobias Langwisch, den er an der Schule als talentierten Keyboarder kennengelernt hatte, führte er an das Orgelspiel heran. Er legte damit die Grundlagen für seine Berufslaufbahn als Kirchenmusiker, die ihn mittlerweile als A-Musiker nach Alfeld geführt hat.
Wilko Schierhorn war es immer eine Herzensangelegenheit, sich musikalisch weiterzuentwickeln. So hat er sich immer wieder neue Orgelliteratur erschlossen, gerne von skandinavischen oder schleswig-holsteinischen Komponisten. Und in seiner Erzählfreude hatte er vor dem Gottesdienst oft noch - passend zu der neu erschlossenen Orgelliteratur - eine spannende Geschichte parat. Auch moderne Kirchenmusik hatte und hat es Wilko Schierhorn angetan. So kann er sich auch für ungewohnte Harmonien und für neue Rhythmen begeistern. Ich persönlich habe immer vor Dir, lieber Wilko, den Hut gezogen. Denn Du hast Dir den Umgang mit einem Computer-Notensatz-Programm selbst angeeignet und Dir mit seiner Hilfe und mit Youtube neue, zeitgenössische Stücke erarbeitet.
Für all Dein segensreiches Wirken in dieser Kirche und weit darüber hinaus danken wir - die seit langem mit St. Jürgen verbundenen Menschen und der Kirchengemeinderat der jetzigen Kirchengemeinde Rendsburg - Dir von ganzem Herzen. Für Deine Frau und Deine Familie, lieber Wilko, war es sicherlich nicht immer einfach, dass Du jahrzehntelang fast jeden Sonntagvormittag an der Orgel in der Kirche verbracht hast. Und so gilt unser großer Dank heute auch Deiner Frau Heidelore. Denn sie hat Deinen Organistendienst - aus der tiefen Überzeugung heraus, dass darauf Segen liegt - immer aktiv unterstützt und mitgetragen.
Lieber Wilko, Du hast uns hier in der St.-Jürgen-Kirche mit Deiner Musik, Deiner Offenheit für Neues und Deiner großen Treue immer wieder sehr viel Freude bereitet. Du hast uns mit Deiner Musik berührt, getröstet und bewegt. Du hast uns hören und fühlen lassen, dass Du Soli Deo Gloria musizierst, allein zur Ehre Gottes! Dass Du hier in dieser Kirche so lange tätig warst, waren ein Glück und ein Segen. Dafür danken wir Dir und – auch Deiner Frau Heidelore – von Herzen. Amen
Im Vorwege konnte man in der Eckernförder und in der Rendsburger Zeitung einen ausführlichen Bericht über Wilko Schierhorns Wirken lesen, den Helge Buttkereit verfasst hat. Seinen Text finden Sie hier.